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Gender Health Gap

Warum Frauen im Gesundheitsbereich oft benachteiligt werden

Männer und Frauen sind (un-)gleich - Fotohinweis: © celt.sarmat.gmail.com PantherMedia.net

Viele Krankheiten verlaufen bei Frauen und Männern unterschiedlich, aber behandelt werden sie gleich. Für Frauen bringt das oft Nachteile mit sich. Experten sprechen vom Gender Health Gap.

Männer und Frauen sind unterschiedlich, klar. Aber wenn es um die Gesundheit geht, sind Männer bis heute deutlich im Vorteil. Denn unser Gesundheitssystem orientiert sich vor allen am männlichen Teil der Bevölkerung. Dabei kann, was für das eine Geschlecht gut ist, für das andere völlig irrelevant sein. Oder aber gesundheits- oder sogar lebensgefährlich. Doch bis heute wird vor allem der männliche Körper erforscht, Studien, Therapien und Diagnosemethoden orientieren sich vor allem an der männlichen Gesundheit. Medikamente werden oft nur an Männern getestet.

Dieselben Symptome, unterschiedliche Medikamente

Dabei zeigt sich schon bei gewöhnlichen Erkältungskrankheiten, dass Frauen anders behandelt werden müssen als Männer. "Vor drei Wochen hatten mein Freund und ich eine starke Erkältung", sagt Lene Martensen, Azubi bei der IKK - Die Innovationskasse: "Corona war es nicht, aber mir ging es trotzdem mies. Wir beide hatten zwar die gleichen Symptome, aber ich brauchte deutlich weniger und auch andere, leichtere Schmerzmittel."

Die Pandemie hat die Unterschiede zwischen den Geschlechtern noch einmal deutlich gemacht: Zu Beginn erkrankten Frauen laut Statistik deutlich häufiger an Covid-19, Männer dagegen starben eher daran. In bestimmten Altersgruppen mit einem fast 50 Prozent höheren Risiko. Die Infektionszahlen sind mittlerweile fast ausgeglichen. Aber: Heute müssen Männer immer noch viel häufiger als Frauen wegen einer Coronainfektion auf die Intensivstation.

Mittlerweile ist auch klar, dass Frauen häufiger von Long Covid betroffen sind als Männer. Und dass Frauen und Männer auch auf Impfungen anders reagieren. Laute einer US-amerikanischen Studie treffen drei Viertel der Impf-Nebenwirkungen Frauen.

Die Sexualhormone spielen eine wichtige Rolle

Grundsätzlich spielen die Sexualhormone eine wichtige Rolle, wenn um die für die Gesundheit wichtigen Unterschiede zwischen Männern und Frauen geht. Das weibliche Sexualhormon Östrogen wirkt aktivierend auf das Immunsystem, es verringert das Risiko für Schlaganfälle oder Herzinfarkte. Das männliche Testosteron dagegen bremst die Immunabwehr eher, macht aber auch weniger schmerzempfindlich. Diese Effekte sind schon seit einiger Zeit bekannt. Die Forschung zu Corona hat außerdem deutlich gemacht, dass auch die Geschlechts-Chromosomen, die Träger des menschlichen Bauplans, entscheidend sind.

Dennoch sind bei der Therapie wie auch bei der Diagnose Frauen bis heute oft im Nachteil. Sie finden in medizinischen Studien oft keine Beachtung. Oder die Wissenschaftler werten die Daten nicht nach Geschlechtern getrennt aus. So wurden in den Jahren 2018 und 2019 Statistiken zufolge über die Hälfte der Medikamente zum größten Teil an männlichen Versuchsgruppen getestet. Als Grund gilt bis heute, durch die geringe Teilnehmerzahl einer Studie sei es unmöglich, die Geschlechter getrennt zu betrachten. Frauen unterliegen außerdem hormonellen Schwankungen, die die Ergebnisse einer verfälschen könnten.

Auch bei bestimmten medizinischen Behandlungen sind Frauen oft im Nachteil. Das Schlafmittel Zolpidem etwa wirkt bei Frauen anders als bei Männern. Das Medikament, das bis in den nächsten Tag hinein wirken kann, wird von Frauen langsamer abgebaut als von Männern. Dennoch wurde es lange pauschal mit zehn Milligramm dosiert, bis es zu zahlreichen Vorfällen kann. Nachdem es zunächst vom Markt genommen wurde, ist es heute mit fünf Milligramm für Frauen wieder zugelassen.

Diagnosen sind oft auf Männer ausgerichtet

Ganz ähnlich ist auch die Diagnose von Krankheiten oft auf Männer ausgerichtet. Zum Beispiel zeigen bei der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, kurz ADHS, die bei Kindern und Jugendlichen verbreitet ist, Mädchen andere Symptome als Jungen. Experten zufolge ist es das ein Grund, warum es bei Jungen vier Mal häufiger diagnostiziert wird als bei Mädchen.

Ein besonders bekanntes Beispiel für die Ungleichbehandlung sind Herzinfarkte. Tatsächlich ist die Zahl der Herzinfarkte bei Frauen fast genauso hoch wie bei Männern. Doch bereits in den Achtzigerjahren wurde festgestellt, dass Frauen nach einem Herzinfarkt sehr viel häufiger sterben als Männer. Der Grund: Sie wurden aufgrund falscher oder verspäteter Diagnosen nicht rechtzeitig erkannt. Denn Herzinfarkte gelten als Männerkrankheiten, Frauen zeigen bei Heranfällen auch andere Symptome als Männer, typische Anzeichen wie Druckschmerz im Brustkorb, Kurzatmigkeit, Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen bleiben oft aus.

Manche Mediziner sehen durch die Pandemie jetzt eine Chance für eine bessere Gendermedizin: eine Medizin, die die Unterschiede zwischen Männern und Frauen beachtet. Worum es dabei übrigens nicht geht, ist eine Medizin für Frauen zu schaffen und die bestehende für Männer so zu belassen, wie sie ist. Die Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern im Gesundheitsbereich zu beachten, schafft Vorteile für beide: für Frauen wie für Männer.

Fotohinweis: © celt.sarmat.gmail.com PantherMedia.net

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