Kinderzahnmedizin

Warum Prophylaxe wichtig ist
Mutter und Kleinkind beim Zähneputzen - Fotohinweis: © nuzza11 stock.adobe.com

Neue Früherkennungsuntersuchungen sind wenig bekannt, können aber viel bewirken. Und werden sogar von der Krankenkasse unterstützt.

Gesunde Milchzähne spielen für die Zahngesundheit von Erwachsenen eine große Rolle. Denn wenn schon Milchzähne kariös sind und nicht rechtzeitig behandelt werden, ist das Kariesrisiko für das bleibende Gebiss erhöht.

So kann die frühkindliche Karies zu einem zentralen Problem bei Kleinkindern werden, denn Karies gilt als häufigste chronische Erkrankung bei Kindern im Vorschulalter. In einer Veröffentlichung der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) zum Stichwort Kinder- und Jugendzahnmedizin heißt es, dass die Häufigkeit der Milchzahnkaries bei unter 3-Jährigen bei 10 bis 15 Prozent liegt, in sozialen Brennpunkten steigt die Anzahl der Fälle auf 40 Prozent.

Was ist Karies?

Karies ist eine durch den Stoffwechsel von Bakterien verursachte Erkrankung der Zähne. Sie entsteht, wenn am Zahn von den im Zahnbelag enthaltenen Bakterien über längere Zeit Zucker aus der Nahrung in Säure umgewandelt wird.*

Um Karies vorzubeugen, greifen verschiedene wirkungsvolle Maßnahmen: Aufklären, Vorsorge wahrnehmen und regelmäßiges Zähneputzen mit fluoridierter Zahnpasta vom ersten Milchzahn an, so kann die Karieslast in der Bevölkerung gesenkt werden.

DAJ-Stuide zu Prophylaxe

Unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Christian Splieth, Abteilung für Präventive Zahnmedizin & Kinderzahlheilkunde der Universität Greifswald, wurde 2016 eine umfassende epidemiologische Untersuchung zur Gruppenprophylaxe durchgeführt: Nicht nur Schüler wurden untersucht, sondern auch 3-Jährige in Kindertagesstätten. Ein Ergebnis daraus: Bei 12-Jährigen ist ein deutlicher Kariesrückgang zu verzeichnen, bei 6 bis 7-Jährigen dagegen nur ein marginaler Rückgang der Karies im Milchgebiss seit dem Jahr 2000. Deshalb lautet die Faustregel: Je früher, desto besser.

Prof. Splieth, der auch Präsident der Weltkariesorganisation ORCA ist, sagt über die Karieslast bei den ganz Kleinen: "Bei den 3-Jährigen waren die Kinder zu 86,3% deutschlandweit kariesfrei, aber 13,7% hatten im Mittel 3,57 zerstörte, kariöse oder gefüllte Zähne." Als Folge dieser Studie ist ein nationaler Aktionsplan "Prävention im Milchgebiss" nötig, der die Basis für die neuen Vorsorgeuntersuchungen für Babys und Kleinkinder gelegt hat.

Früherkennung wird unterstützt

"Die neuen zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen sind ein Meilenstein in der Versorgung, weil jetzt zahnärztliche Prävention vom ersten Zahn an in der Regelversorgung im System der Gesetzlichen Krankenversicherung integriert ist", so Prof. Splieth.

Die drei neuen zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen (FU 1) gelten für Babys und Kleinkinder ab dem 6. Lebensmonat bis zum 33. Lebensmonat, sollen Karies im Milchgebiss verhindern und werden von der IK seit dem 1.7.2019 übernommen. Mit diesen Maßnahmen kann die Gesundheit des Kindes nachhaltig verbessert werden, denn Zahnärzte können über die Eltern auf ein mundgesundes Verhalten beim Baby und Kleinkind frühzeitig Einfluss nehmen. Auch Zahnfehlstellungen können früh erkannt und sogar durch Verhaltensänderungen ganz vermieden werden, beispielsweise indem der Gebrauch von Schnullern und Trinkflaschen zeitlich begrenzt wird.

Zum Leistungsumfang gehört, dass der Zahnarzt die Mundhöhle untersucht, das Kariesrisiko des Kindes einschätzt, zu Ernährungsrisiken durch zuckerhaltige Speisen und Getränke und zur richtigen Mundhygiene berät, fluoridhaltige Zahnpasta zur Schmelzhärtung empfiehlt und bei den Untersuchungen auch Fluoridlacke zur Schmelzhärtung anwendet.

Schon länger sind im Leistungskatalog der Innovationskasse die FU 2-Untersuchungen. Sie gelten vom 34. bis zur Vollendung des 72. Lebensmonats. In dieser Zeit können die Kinder drei Mal zur zahnärztlichen Vorsorge kommen.

Insgesamt haben Kinder zwischen dem 6. Lebensmonat und vollendeten 6. Lebensjahr einen Anspruch auf sechs zahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen, davon drei im Kleinkindalter.

Das zahnärztliche Expertenteam der IK rät, dass durch diese gezielte Vorsorge Karies im Milchgebiss reduziert oder noch besser ganz vermieden werden kann. Werden Milchzähne gar nicht erst kariös, müssen diese auch nicht saniert werden. Damit können aufwendige Zahnbehandlungen unter Narkose vermieden werden. Eine Vollnarkose ist bei Säuglingen und Kleinkindern oft nötig, da eine umfangreiche zahnärztliche Behandlung unter lokaler Betäubung nicht möglich ist.

Um eine Vollnarkose zu vermeiden, übernimmt die Innovationskasse in Einzelfällen die Kosten für eine Lachgassedierung für Kinder ab etwa 4 Jahren.

Eltern müssen Kinderzähne putzen

Bei den FU 1-Untersuchungen spielen Trinkverhalten, Ernährungsgewohnheiten und Zuckerkonsum des Kindes ebenso eine Rolle wie das Einüben von Maßnahmen für eine gute Mundhygiene. Hierbei können die Zahnbeläge mit einem Plaqueanfärbemittel sichtbar gemacht werden, sodass die Eltern spielerisch und gezielt üben können, wie die Zähne der Babys und Kleinkinder am besten geputzt werden sollten. In der Untersuchung wird auch angesprochen, ob Fluoridierungsmittel im eigenen Haushalt benutzt werden.

Zahnärzte empfehlen, die Kinder ab etwa zwei Jahren an eine selbstständige Zahnpflege heranzuführen. Für einige Zeit tragen die Eltern dann noch die Verantwortung dafür, die Kinderzähne sauber zu halten. Im Schnitt können sich die Kinder aber ab der zweiten Klasse die Zähne völlig eigenständig und richtig putzen.

Zahnpasta mit Fluorid

Das Verwenden von Fluorid gilt nach Wissenschaftlern und fast allen Zahnärzten als eines der grundlegenden präventiven Verfahren, sowohl im Milchgebiss als auch im bleibenden Gebiss. Fluorid kann durch Zahnpasta oder Lacke angewendet werden oder im Speisesalz und Trinkwasser enthalten sein. Bei oberflächlicher Karies ohne Defekt wird Fluoridlack als nicht-operatives Kariesmanagement angesehen und angewandt.

"Fluoride sind der Schlüssel zum Erfolg in der Kariesprävention", so Professor Splieth. Daher verwundert es nicht, dass auf deutscher und europäischer Ebene die Fluoridempfehlungen für Kinderzahnpasta erhöht wurden. Inzwischen gibt es auch entsprechende Kinderzahnpasten mit unterschiedlichen Fluorid-Konzentrationen.

Die Deutsche Gesellschaft für Präventivzahnmedizin (DGPZM) und andere empfehlen für Babys und Kleinstkinder ab dem ersten Milchzahndurchbruch eine erbsengroße Menge Zahnpasta mit in einer Konzentration an Fluorid von 500 ppm zweimal täglich anzuwenden. Vom 2. bis zum 6. Lebensjahr wird eine Konzentration in Höhe von 1000 ppm zweimal täglich empfohlen. Gemäß Expertenkonsens von ORCA und EFCD (European Federation of Conservative Dentistry) sowie DGZ (Deutsche Gesellschaft für Zahnerhaltung) werden neuerdings sogar 1.000 ppm möglichst vom ersten Zahn an empfohlen.

Änderungen seit 1.7.2019

Im Kinderuntersuchungsheft, das bei Kinderärzten im Rahmen der U-Untersuchungen, das sind die Vorsorgeuntersuchungen für Kinder und Jugendliche, vorgelegt werden muss, ist ab der U5 (6. bis 7. Lebensmonat) bei jeder dieser Untersuchungen ein Verweis zum Zahnarzt vermerkt. Auch werden die Eltern direkt vom Kinderarzt auf diese Untersuchung hingewiesen.

Darüber hinaus erinnern die Zahnärzte bei der jährlichen Vorsorge der Eltern diese an die Früherkennungsuntersuchungen für ihre Kinder, beispielsweise durch die Ausgabe des Zahnärztlichen Kinderpasses, in dem sämtliche Vorsorgemöglichkeiten vermerkt sind.

Unbekannte Angebote

Es spielen verschiedene Gründe eine Rolle, warum kaum einer dieses Angebot kennt. Es dauert eine Weile, denn das System mit den Kleinen muss erst mal anlaufen. Ein Grund ist sicherlich auch, dass nicht jeder Zahnarzt einen Schwerpunkt auf die Kinderzahnheilkunde legt. Aber Prof. Splieth beruhigt: "Unsere Untersuchungen zeigen, dass zwar nicht alle Zahnärzte den Tätigkeitsschwerpunkt Kinderzahnheilkunde und Prävention haben, aber flächendeckend Zahnärzte zur Verfügung stehen, die in ihrem Team die frühkindliche Prävention gewährleisten können."

Das Zahnteam der IK hofft, dass diese Kariesvorsorgemaßnahmen durch Aufklärung und Medienarbeit noch bekannter werden und viele Eltern sie dann auch annehmen. Zahnärzte und die Innovationskasse empfehlen darüber hinaus, auch bereits Schwangere durch die Ausgabe des Zahnärztlichen Kinderpasses auf mundgesundes Verhalten für ihr Baby aufmerksam zu machen.

Zum Bonusprogramm der IK.

#diagnosenorddeutsch: aktuelle Gesundheitsthemen

Im Rahmen von #diagnosenorddeutsch behandelt die IK Gesundheitsthemen, die für alle wichtig sind und geben Tipps, die im Alltag einfach umzusetzen sind.

 

*Quelle: KZBV (Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung), www.kzbv.de/wie-entsteht-karies.188.de.html, abgerufen am: 9.11.2020

Fotohinweis: © nuzza11 stock.adobe.com

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